Der Choral „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ ertönte heute Nachmittag um 15 Uhr am Ende der Generalprobe des viel beachteten Opernprojekts Bartok/Orff mit Theodor Currentzis bei den Salzburger Festspielen. Carl Orff hat seine kontrapunktische Ausarbeitung des Chorals für Gambenquartett an das Ende seiner Oratorienoper „De fine temporum comoedia“ gesetzt. Meine Mitwirkung als Organist eröffnet mir eine Wiederbegegnung mit dem Operneinakter „Herzog Blaubarts Burg“ von Bela Bartok (einem Werk, das ich schon 2008 mit den Wiener Philharmonikern in Salzburg mitgestalten durfte) und dem Kennenlernen des mir völlig unbekannten Spätwerks von Carl Orff. Dessen zwingenden Rhythmen überwältigen gleichermaßen wie der archaische Text in griechischer, lateinischer und deutscher Sprache. Jüngstes Weltengericht, Verdammung oder Erlösung? Die widersprechenden Aussagen der Sybillen und Anachoreten münden in einem „pater peccavi“ des gefallenen Engels. Und – vor Deinen Thron tret ich hiermit!
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Zeitgleich wurde wenige Kilometer von Salzburg entfernt Alice Harnoncourt im engsten Kreis der Familie das letzte Geleit gegeben. In den mittlerweile fast vier Jahrzehnten meiner musikalischen Aktivitäten war sie eine ganz besondere Bezugsperson für mich. Als Sänger im Arnold-Schoenberg Chor erlebte ich sie ab 1986 bei den vielen Konzerten und CD-Aufnahmen gleichermaßen als Geigerin am 1. Pult wie auch als Orchestermanagerin. Als ich dann Jahre später als Organist im Concentus musicus mitwirkte, war sie es, die mir das eine oder andere mal die direkte Sprache ihres Mannes verbindend und ausgleichend vermittelte. Es war mir eine besondere Ehre, den Totengottesdienst für Nikolaus Harnoncourt 2016 in der Wiener Piaristenkirche an der Orgel mitgestalten zu dürfen. Und: erst vor wenigen Wochen die Hochzeit eines Enkels von Alice Harnoncourt in der Pfarrkirche St. Georgen an der Orgel zu begleiten. Trauer und Freude sind so nah … Eine Ära ist nun definitiv zu Ende gegangen. RIP.